Why we fight #2 – Long time no see, old friend

Was reizt uns eigentlich so am narrativen Spiel? Warum betrachten wir Warhammer 40k nicht einfach als mentale Fingerübung, ganz so wie eine Partie Schach? Heruntergebrochen auf die reine Strategie, ohne einen Bezug zu einer (fiktionalen) Spielweltrealität.

Meiner Meinung nach liegt es in der Tatsache begründet, dass wir Menschen Geschichten einfach lieben. Es steckt quasi im Bauplan unseres Gehirnes fest verdrahtet. Ganz natürlich verbinden wir einzelne Elemente miteinander, bauen Kausalketten und erklären uns so die Welt. Was im realen Leben gut funktioniert, klappt in einer fiktiven Spielwelt noch viel besser!

Heute diskutiere ich die Frage warum wir, obwohl wir doch die spannenden Geschichten aus dem 40k-Universum lieben, so selten Einheiten wie Terminatoren, fußläufige Eldar-Aspektkrieger oder monströse Tyranidenkreaturen sehen.

Das einzige was bei Skorpionkriegern sticht, sind die Schuldgefühle die sich einstellen wenn man realisiert, dass man schöne Briefbeschwerer bemalt hat (wenn sie denn wenigstens aus Metall wären).

Die Welt von Warhammer 40k bietet mit ihrer großen Vielfalt, den absurden Auswüchsen und der bitter-ironischen Grundstimmung ein perfektes Nährbett für Geschichten aller Art. Dazu kommt die Eigenschaft von Warhammer 40k, dank großer Zufallsspannen absurde (und damit erinnerungswürdige) Momente zu generieren: Wer kann nicht vom letzten Imperialisten Gardisten erzählen, der mit seinem Lasergewehr den letzten Lebenspunkt vom angreifenden Carnifex nimmt, der gerade eben die halbe Armee terrorisiert hat.

Games Workshop selber füttert das Setting mit einem steten Strom an Romanen, Novellen und Audio Dramas aus den Tiefen der Black Library. Sie erzählen uns von den Helden- (oder Misse-) -taten derjenigen literarischen Personen, deren Abbild wir in Miniaturform auf dem Mal- und Spieltisch vor uns stehen haben.

Wenn ihr nicht in die Kirche geht, kommt die Kirche halt zu euch!

Kommen wir nur zur Kernfrage des heutigen Textes: Warum spielen wir eigentlich nicht immer erzählungsorientiert? Was unterscheidet das kompetitive Spiel so sehr vom narrativen Spiel, so dass wir hier überhaupt darüber reden müssen? Nun, im Grunde liegt die Crux in der mangelnden Vielfalt, die ein wettbewerbsorientiertes Spiel gebiert: aus den unzähligen Datasheet für alle möglichen Einheiten, Helden und Fahrzeuge schafft es nur eine verschwindend geringe Anzahl auf die Turniertische.

Dafür gibt es vielerlei Gründe:

  • mathematische Ineffizienz
  • zu viel Konkurrenz in der Rolle,
  • fehlende Spezialisierung/keine klare Rolle
  • fehlende Notwendigkeit

Games Workshop gibt sich in der 8. Edition ja redlich Mühe die Einheiten untereinander besser abzugleichen und zu große Effizienzunterschiede zu nivellieren. Leider gelingt dies nicht immer, es dauert meistens zu lange und die richtig großen Probleme benötigen teilweise radikal andere Denkansätze bei der Datasheet-erstellung, die Games Workshop bisher nicht verfolgt hat.

Die eben diskutierten Umstände führen zu einer kognitiven Dissonanz: unsere (Turnier-) Spiele fühlen sich nicht so an, wie in den Geschichten beschrieben, da wir immer nur die selben Einheiten immer wieder dupliziert sehen. Das irritiert uns und hinterlässt einen faden Geschmack.

Leider gibt es wenig Grund diese feinen Herren auszuführen, da die Aquilon Terminatoren von Forgeworld die Rolle einfach besser erfüllen.

Wir lesen keine Romane über drei Repulsor Executioner, die sich in den Ruinen eines Hochhauses verschanzen während die restlichen Space Marines die Türen blockieren. Ebenso gibt es (noch?) keinen Roman über die Überlegenheit der Eldar-Luftwaffe und wie sie unantastbar über den Köpfen ihrer Opfer schweben. Nein, die Romane handeln von Modellen die wir liebgewonnen haben: Ein Angriff eines Trupps Sturmmarines, deren Kettenschwerter blutige Ernte halten. Terminatoren, die durch das feindliche Feuer wandeln, unantastbar in ihrer Macht. Eldar Aspektkrieger die mehrere Menschenleben lang nur eine bestimmte Form des Tötens trainiert haben. Monströse Tyranidenkreaturen die sich durch ganze Horden von Orks durchsensen.

Die Liste könnte endlos fortgesetzt werden, doch ich denke wir alle wissen jetzt von welchen Geschichten ich hier rede. Die Frage die sich stellt ist folgende: wie bekommen wir, mit den Mitteln die uns zur Verfügung stehen, ein Spiel welches mehr unseren Wünschen entspricht. Am einfachsten wäre natürlich gezielt Hausregeln zu erfinden um bestimmte über-harte Einheiten zu verbieten oder abzuschwächen. Doch wo fängt man an? Wo hört man auf? Wie entscheidet man welche Einheiten reguliert werden sollen oder nicht?

Nicht alle gut gemeinten Regeländerungen werden auch von den Spielern akzeptiert. (Quelle:  Warhammer 40k Competitive Facebook Gruppe https://www.facebook.com/groups/Competitive40k/ )

Nein, bestrafen oder beschränken wird uns hier nicht weiterführen. Überlegen wir uns stattdessen lieber welche Armeen wir gerne auf den Tischen sehen würden und wie wir Anreizstrukturen schaffen könnten die uns in Richtung eines vielfältigeren Spiels bewegen würden.

Ziele oder Herausforderungen erzeugen Anreize. Auf einem normalen Turnier ist der primäre Anreiz eine hohe Platzierung, idealerweise auf den Rängen 1-3. Die Herausforderung ist es, eine Armee zu wählen, die unter Berücksichtigung der erwarteten Matchup-Sequenz, das maximale Spielergebnis liefert, und dabei möglichst konsistent ist. Da diese Anforderungen nur von wenigen Armeekonzepten erfüllt werden, bleiben viele Miniaturen ungenutzt in unseren Regalen stehen.

Ich möchte nun ein paar Ideen vorstellen, die meiner Meinung nach zu interessanten und vielfältigeren Spielen führen, ohne den kompetitiven Gedanken, oder dem Wunsch nach technisch sauberem Spiel im Weg stehen.

Kellermatches

Mit meinem Clubkollegen DuderusMcRulerich habe ich im ersten Jahr der 8. Edition eine Reihe von sogenannten „Kellermatches“ absolviert, die meist sehr unterhaltsam waren. Wodurch zeichneten sich diese Spiele aus? Nun, die Idee war einfach: eine Armee aus den Codexleichen (aus dem Keller) zusammenstellen, und mit dieser möglichst optimal spielen. Was sich im Grunde einfach anhört, hat in der Praxis jedoch einige Tücken. Für uns war es schwer die Stärke der eigenen Armee richtig einzuschätzen. So kam es dann ein paar Mal vor, dass die Armeen von sehr unterschiedlicher Schlagfertigkeit waren, obwohl sich beiden Spieler bemüht haben.

Eine alte chinesische Weisheit sagt: Wenn etwas gut ist, dann nimm es zweimal in deine Armee auf….

In unseren Fall war es besonders schwer, da wir Space Marines gegen Eldar gespielt haben. In einem Spiel habe ich eine, in meinem Kopf schwache Wraith-Only Armee gespielt (mit 15 Wraithguard, -Blades, 2 Wraithlords und einem Knight). Leider haben die Wave Serpents in denen die Wraith-Einheiten transportiert wurden fast alleine gerissen, da ich nicht auf dem Schirm hatte wie hart diese gegen eine nicht-optimierte Liste sind. Auf der anderen Seite hatten wir auch sehr unterhaltsame Spiele mit meiner Aspektkriegerbrigade mit Phönixkönig Supreme Command Detachment.

Als Fazit lässt sich sagen, dass Kellermatches zwar eine witzige Alternative sind, aber zu viel Absprache und gemeinsames Verständnis von stark/schwach erfordern um im Turnieralltag praktikabel zu sein. Ich habe zwar auf T3 schon einige „Funturnier“ mit „soften Listen“ beworben gesehen, aber selten gutes Feedback davon gehört. Es reicht halt meist eine Person die eine harte Liste mitbringt um den Spaß der anderen Teilnehmer zu verderben.

Best in Faction

Diese Idee entstammt dem amerikanischen Independent Tournament Circuit (ITC) und bedeutet, dass auf einem Turnier derjenige Spieler ausgezeichnet wird, der mit einer „reinen“ Armee das beste Spielergebnis erreicht hat. Auch wenn es von den Punkten nur für einen 7. Platz gereicht hat, war man vielleicht der beste Grey Knight Spieler und kann sich so eine Trophäe mit nach Hause nehmen. Was in Amerika gang und gäbe ist, zieht hier erst nach und nach ein, zum Beispiel beim GT North-West, veranstaltet von Alliance Armory in Bremen im Oktober 2019. Best in Faction Preise belohnen Loyalität gegenüber der eigenen Armee und fördern das langfristige Auseinandersetzen mit einem Codex, da man versuchen muss alles herauszuholen, je nach gewählter Fraktion. Das ganze System balanciert sich selber, da es natürlich in starken (und damit populären) Fraktionen einen viel höheren Konkurrenzdruck gibt.

Was interessiert es, ob Iron Hands das Turnier gewonnen haben: der beste Chaos-Spieler erhält einen Gutschein für Dämonenprinzentum (oder Verbrutung), Rückgabe oder Rechtsweg ausgeschlossen.

Trophäenjagd

Diese Idee baut auf den Best-in-Faction Preisen auf. Anstatt jedoch eine reine Armee zu belohnen, werden hier Trophäen für bestimmte Einheiten oder Bedingungen verliehen. Beispielsweise könnte man einen Preis für die beste Armee mit einem Knight Valiant verleihen, um auch mal dieses Modell im Gegensatz zum Castellan auf den Tischen zu sehen. Wer würde nicht gerne die „Jaghatai Khan Gedächtnis Medaille“ (verliehen für das beste Ergebnis mit mindestens 3 Einheiten Bikern in der Armee) oder die Leutnant Chenkov Ehrennadel (für die meisten verlorenen Rekruten oder imperiale Soldaten in einem Spiel) mit nach Hause nehmen? Die Idee lässt auf jede beliebige Anzahl von „Codex-Leichen“ übertragen und könnte dafür sorgen, dass diese häufiger gespielt werden.Alternativ kann man Awards verteilen, wenn bestimmte, zu häufig gespielte Einheiten mal zuhause gelassen werden. In diesem Sinne: „Only in overpoweredness does duty end – für die beste Space Marine Armee ohne Leviathan Dreadnoughts“.

Ich begründe diese Annahme in der Tatsache, dass bei einem normalen Turnier nur ein Bruchteil der Teilnehmer wirklich auf einen Sieg spekuliert, und der Großteil nur für drei schöne Spiele gegen unterschiedliche Spiele auftaucht. Gerade diesem Teil der Spielerschaft, der die Turniere trägt und durch ihre Teilnahmegebühren finanziert, könnte man mit einem solchen Trophäensystem genug Anreize schaffen auch langfristig immer wieder teilzunehmen, auch wenn kein Siegpokal in Aussicht ist. Wenn die Spieler dabei noch Modelle mitnehmen könnten die sie aus ästhetischen oder anderen Gründen besonders toll finden, gewinnen dabei wirklich alle.

Ein 3D-Drucker ermöglicht individualisierte Trophäen und Pokale. Bildquelle: https://www.reddit.com/r/Warhammer40k/comments/dh8k0p/friend_3d_printed_me_some_objective_markers_for/

Und so sind wir auch schon am Ende des Artikels angelangt. Wir haben heute einige Ideen und Denkansätze diskutiert, die uns vielleicht ermöglichen würden mehr aus unseren Warhammer 40k Spielen herauszuholen als die reine taktische Herausforderung. Selbst wenn man der Meinung ist, dass es mit der taktischen Tiefe bei Warhammer 40k eh nicht so weit geht, muss man trotzdem zugeben, dass ein stimmiges, erzählerisches Spiel auf einem schönen Tisch ein Spektakel mit einem ganz besonderen Reiz ist.

Habt ihr Ideen oder Vorschläge wie man die Turnierlandschaft vielfältiger gestalten kann? Welche Anreize würden euch dazu bewegen auch mal „rundere“ Konzepte auf Turnieren auszuführen? Wie steht ihr zu Hausregeln oder Beschränkungen? Was haltet ihr von Belohungen für reine Fraktionen oder ungewöhnliche Armeekonzepte? Schreibt mir eure Meinung doch in den Kommentaren oder im Forum.

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