Why we fight #1

Play games that matter, not Meta!

Ars Bellica Narrative? Was soll das denn sein? Werfen wir einen Blick in die Selbstbeschreibung von Ars Bellica, so finden wir dort folgenden Satz an aller erster Stelle: „Ars Bellica ist ein kompetitives Turnierformat für das Tabletop-Spiel Warhammer 40.000.“

Wie passt das den jetzt mit Narrative zusammen? Was ist Ars Bellica Narrative eigentlich? Ich möchte an dieser Stelle noch nichts verraten, aber soviel sei gesagt: Am 15.10. werden wir es euch ermöglichen Warhammer 40k – Ars Bellica auf eine neue Art zu spielen.

Doch zuerst möchte ich auf ein paar Begrifflichkeiten eingehen. Was bedeutet Narrative für mich und warum rede ich hier, auf dem öffentlichen Portal einer Turnierliga darüber?

Fragt ihr euch auch manchmal, warum sich eure Turnierspiele nicht so anfühlen wie dieses Bild? Bildquelle: https://www.warhammer-community.com/press-room/images/page/4/

Nun, zu aller erst ist das story-getriebene Spiel fest im Regelkern von Warhammer 40.000 verankert. Genauso wie das häufiger anzutreffende Turnierspiel ist das erzählerische Spiel eine ganz natürliche, wenn auch vielleicht ungewohnte Art die Figuren auf dem Spielfeld zum Leben zu erwecken. Viele von uns haben vielleicht so auch mit dem Hobby angefangen. Für viele gehören auch die Romane der Black Library fest zum Hobby dazu. Alleine diese Gründe sollten genug sein, sich auch mal diesem Teil des Spiels zu widmen, denn vielleicht verpasst man ja etwas, wenn man sich nur auf das kompetitive Spiel konzentriert? Und wer weiß, vielleicht sind diese zwei Spielarten ja gar nicht so unvereinbar wie manch einer zuerst denkt?

Im Vergleich zum Matched Play (und besonders dessen Spezialisierung, dem Competitive Play) fallen beim erzählerischen Spiel sofort einige Dinge ins Auge:

  • Es geht in erster Linie darum, mit seinem Mitspieler eine Geschichte zu erzählen, und nicht darum den Mitspieler in einem Wettstreit zu besiegen. Im erzählerischen Spiel werden Schlachten zwar auch gewonnen und verloren, aber hier sind es stets die Armeen in der Spielwelterzählung die den Sieg erringen, und nicht der Spieler selbst.
  • Erzählerische Spiele sind oft unsymmetrisch aufgebaut. Es gibt eine klare Unterscheidung zwischen Angreifer und Verteidiger und jede Seite hat unter Umständen unterschiedliche Missionen. Ebenso müssen erzählerische Spiele nicht immer „fair“ sein. Spiele zwischen unterschiedlich großen Armeen können fesselnde Geschichten erzeugen.
  • Erzählerische Spiele stehen selten für sich alleine, sondern sind eingebettet in einen größeren Handlungsstrang, sei es eine echte Kampagne, oder nur die Chronik der eigenen Armee. Hierbei geht es jedoch nicht um schnöde Win/Loss/Draw-Statistiken, sondern darum, wie die Geschehnisse auf dem Spielfeld die eigene Streitmacht verändern und formen.
  • Manchmal werden Sonderregeln benutzt um die Entwicklung einer Einheit über einen längeren Zeitraum zu beschreiben, z.B. durch Erfahrungspunkte und Veteranenfähigkeiten.
  • Manche erzählerischen Spiele enthalten eine dritte Partei, die von einem Spielleiter gesteuert wird, und die entweder unbeteiligte Zivilisten zwischen den Fronten, oder einen aktiven Aggressor, der beide Spieler angreift, darstellt.
Eine Sektorenkarte kann einen Kontext für die zu spielenden Schlachten liefern. Diese Karte zeigt das Einflussgebiet meines neuen Armeeprojekts, dem Space Marine Orden der Hydra Sentinels.

Was bedeutet jetzt das narrative Spiel ganz konkret für uns, die hauptsächlich kompetitiv auf Turnieren spielen? Wie können wir uns das vorstellen? Was bringt es uns? Warum sollten wir uns damit auseinandersetzen?

Um diese Fragen zu beantworten möchte ich ein vielleicht etwas weit hergeholtes Gleichnis ziehen. Schauen wir uns erstmal das kompetitive Spiel an:

  • Es ist leicht zugänglich. Öffentlich einsehbare und standardisierte Formate ermöglichen auch Außenstehenden leicht mitzumachen. Ebenso sind kompetitive Spieler fast überall gleich. Es gibt keine Überraschungen und jeder weiß worauf er sich einlässt.
  • Die Spiele sind schnell. Ein Zeitlimit sorgt dafür das man mehrere Spiele an einem Tag absolvieren kann, dafür wird meist auf komplexe Regeln, Zufallsevents und ähnliches verzichtet.
  • Es ist „relativ günstig“ und mit wenig Aufwand bzw. „Commitment“ verbunden. Es reicht funktionales Gelände zur Verfügung zu haben, und es muss nicht besonders schön aussehen. Man braucht keine weiteren Figuren neben der eigenen Armee um zusätzliche Kampfteilnehmer darzustellen. Man muss sich nicht vor jedem Spiel neue Regeln ausdenken, welche die konkret zu erzählende Geschichte mit Spielmechaniken untermalen. Man geht einfach an den Tisch, baut seine Armeen auf und kann loslegen.

Für mich fühlt sich das kompetitive Spiel in letzter Zeit immer mehr wie Fast Food an. Auf der ganzen Welt kann ich in eine Filiale einer Kette gehen und erhalte einen gleich schmeckenden Burger. Da gibt’s keine Überraschungen, es ist mit keinem großen Zeitaufwand und Risiko verbunden, aber auf Dauer wird es dann doch fad. Ein schön ausgearbeitetes und gut vorbereitetes erzählerische Spiel hingegen hat das Potential eines kolossalen 5-Gänge Menüs mit musikalischer Untermalung. Also etwas komplett anderes, dass man sich vielleicht nicht jeden Tag geben möchte, dass aber, wenn man sich darauf einlässt, den Spieler sehr begeistern kann.

Wenn wir nur das erzählerische Spiel nutzen wollen um unseren Spielalltag aufzupeppen, wie fangen wir da an? Direkt mit einer großen Kampagne? Mit komplexen Missionen mit Unmengen an Hausregeln?

Cover des Kampagnenbooklets „Angriff auf Hermetica“. Die Kampagne wurde im Oktober 2017 bei uns im Club gespielt.

Vielleicht der einfachste Einstieg in das erzählerische Spiel ist das Einbetten der eigenen Armee in ein größeres Ganzes, eine Geschichte eben. Dazu muss man sich nur die folgenden Fragen beantworten.

  • Wie heißt meine Armee?
  • Warum ist sie am Ort des Geschehens?
  • Wer ist ihr Anführer?
  • Was ist das aktuelle Hindernis, dass es zu überwinden gilt?

Als Beispiel für diese Methode möchte ich meine Springer-Armee vom großen Hallenkloppen nehmen. Die Armeeliste sah wie folgt aus.

  • Company Commander
  • Primaris Psyker
  • 3x Infantry Squad
  • Astropath
  • 9x Bullgryns
  • Ministorum Priest
  • Platoon Coomander
  • Sergeant Harker
  • Armoured Sentinel
  • Hellhound
  • Basilisk
  • 3x Mortar Teams
  • Wyvern
  • 2x Chimera

Wie bastelt man jetzt aus dieser Liste eine Armee die sich in den Hintergrund von Warhammer 40k einfügt? Schauen wir uns einfach mal die Fragen an:

Wie heißt meine Armee?

Die Armee besteht aus zwei Teilen. Die erste Hälfte entstammt dem 793. Galatea Artillerieregiment das gerade auf dem Mond Nemedia eine Kampagne gegen <Armee des Mitspielers> bestreitet. Die zweite Hälfte ist eine Entsatztruppe mit Elementen des 43. Pygmalion abhumanen Strafregiments (mit Aufsehern) und des 16. Galatea Mobilen Infanterieregiments.

Warum ist sie am Ort des Geschehens?

Während der Kämpfe im letzten Monat hat sich die Frontlinie markant verschoben. Die Artilleriestellung Sigma-Charlie-Omicron wurde von den Versorgungslinien abgeschnitten, als sich ein Keil feindlicher Truppen tief in die eigenen Linien gebohrt hat. Obwohl sie gut versteckt war konnte der Feind die Position bestimmen und hat eine Streitmacht geschickt, um die Basilisken und Wyverns zum Schweigen zu bringen.

Wer ist ihr Anführer?

Die Artilleriestellung wird von Company Commander Tavistock angeführt. Der Veteran vieler Krieger ist im Besitz eines seltenen Relikts, einem Orbitaltracker der Agripinaa-Klasse. Die Entsatztruppe wird von Platoon Commander ‚Longstride‘ Obane angeführt. Longstride ist bekannt für seine Gewaltmärsche und wurde deshalb ausgewählt die Bullgryns zur Artilleriestellung zu führen.

Was ist das aktuelle Hindernis, dass es zu überwinden gilt?

Die Schlacht beginnt im Morgengrauen, kurz bevor Platoon Commander Obane’s Entsatztruppe zur Artilleriestellung vordringen kann. Die Armee wird in 2 Teilen aufgebaut.

Skizze der Aufstellungszonen für meine As-hoc Mission

Der Company Commander, Primaris Psyker, 1x Infantry Squad, Waffenteams, Wyvern, Basilisk und Sentinel befinden sich in der Stellung, welche sich in einem Kreis von 12“ Radius um einen Punkt 12“ vom Rand des Spielfelds entlang der Mittellinie erstreckt.

Der Platoon Commander, der Priester, der Astropath, die Bullgryns, der Hellhound und die 2 Trupps Mobile Infanterie in Chimären starten am anderen Ende des Tisches an der Mittellinie, bis zu 6“ vom Spielfeldrand und bis zu 9“ von der Mittellinie.

Die feindlichen Truppen werden entlang der beiden langen Spielfeldkanten aufgestellt.

Ziel der Imperialen Armee ist es, den Company Commander und den Platoon Commander innerhalb von 3“ zu bewegen, und zu verhindern, dass einer von beiden ausgeschaltet wird.

Company Commander Tavistock mit Bullgryn-Leibgarde

Mit ein paar Gedanken, die ich in wenigen Minuten niederschreiben konnte, habe ich eine Turnierarmee in ein erzählerisches Rahmenwerk eingebettet, und die Grundzüge einer Mission festgelegt. Nun ist es an der Reihe, dass mein Mitspieler sich ähnliche Gedanken über seine Armee macht, und die Motivation und Ziele ausarbeitet. Das gleiche kann ich mit jeder x-beliebigen Armee anstellen und erhalte schnell und einfach eine Motivation, warum ich das Spiel mit meinem Mitspieler ausfechte.

Ich muss dabei noch nicht einmal eine „fluffy“ Armeeliste bauen, oder Einheiten spielen, die ich eigentlich nicht mag. Ich muss mich noch nichtmal verbiegen und „anders als sonst“ spielen: es reicht sich Gedanken über die Armeen und die Art ihres Aufeinandertreffens zu machen und schon haben wir den ersten Schritt in Richtung story-basiertes Spiel gemacht.

Ich bin mir natürlich im Klaren, dass die Mission ziemlich „unfair“ ist. Ohne einen Schild aus Bullgryns und Imperialen Soldaten stehen die Artilleriepanzer ziemlich ungeschützt herum. Aber es geht mir ja hier auch nicht um die Frage ob ich den Gegner in einem fairen Wettstreit besiegen kann, sondern darum herauszufinden, wie die Geschichte von Commander Obane’s Rettungseinsatz ausgeht. Möglicherweise gelingt es ja beide Elemente der Armee zusammenzuführen und eine starke Verteidigungslinie zu errichten. Vielleicht gelangt die Entsatztruppe aber auch in einen Hinterhalt und wird ausgelöscht, bevor die Artilleriestellung auch nur etwas mitbekommt. Antworten auf diese Fragen kann ich nur im Spiel erhalten und solange ich ergebnisoffen an das Spiel herangehe, werde ich an jedem Ausgang meine Freude haben: was wäre denn eine gute Geschichte ohne gelegentliche Niederlagen?


Ich hoffe ihr hattet Spaß an diesem Artikel und er hat euch ermutigt mit euren Clubfreunden oder Mitspielern mal etwas anderes auszuprobieren. In den nächsten Wochen werde ich versuchen etwas häufiger über das erzählerische Spiel und die sich bietenden Möglichkeiten zu schreiben. Vor allem habe ich mir vorgenommen mal die bisher erschienenen Regelbücher von GW genauer zu lesen, um zu schauen welches Potential die bisher veröffentlichten Narrative Play-Regeln so haben.

Wenn ihr Anmerkungen, Kommentare oder Ideen habt, schreibt sie doch einfach in die Kommentare unter diesem Beitrag oder im Forum. Ich würde mich freuen eure Sicht auf das Thema Narrative Play zu hören.

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